...bei (besonderen) Lebenssituationen

Menschen, die sich in besonderen Lebenslagen befinden, zum Beispiel schwangere Personen oder Personen mit einer Erkrankung,

können spezielle(re) Fragen haben, mit denen sie sich auseinandersetzen müssen.

Alleinerziehend und Haft

vor der Haft

Wenn die Kinderbetreuung vor Antritt der Haftstrafe noch nicht geklärt ist, kann in Ausnahmefällen ein Strafvollstreckungsaufschub von maximal 4 Monaten beantragt werden (§456 StPO). Das heißt, die Haftstrafe kann für maximal 4 Monate nach hinten verschoben werden. Die Dauer der Haftstrafe bleibt gleich.

Es ist möglich, dass im Falle einer Bewilligung des Strafvollstreckungsaufschubes dies an bestimmte, festgelegte Bedingungen geknüpft ist. Der Strafvollstreckungsaufschub liegt in diesem Falle im Ermessen der Staatsanwaltschaft (Vollstreckungsbehörde).

Wenn die Vollstreckungsbehörde den Antrag auf Haftaufschub ablehnt, kann die verurteilte Person Einwand beim Gericht erheben (§458 Strafprozessordnung). Der Einwand sollte als sofortige Beschwerde beim Oberlandesgericht vor Haftantritt erfolgen.

während der Haft

In Deutschland gibt es einigen Justizvollzugsanstalten auch Mutter-Kind-Einrichtungen. Das heißt, Mütter können unter bestimmten Voraussetzungen mit ihrem Kind zusammen untergebracht werden (laut §80 StVollzG). Eine Voraussetzung ist, dass die Unterbringung dem Kindeswohl entspricht. Eine weitere Voraussetzung ist das Alter des Kindes. Die Altersgrenze des Kindes legt jedes Bundesland selbst fest. In Sachsen-Anhalt liegt die Altersgrenze bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres (§21 JVollzG LSA). Die Kosten der Unterbringung des Kindes muss die unterhaltspflichtige Person tragen.

Wird das Kind nicht in der Justizvollzugsanstalt mit untergebracht, ist es möglich, einen Freigang zur Betreuung des Kindes zu beantragen. Das heißt, während das Kind weiterhin zu Hause wohnt, kann die inhaftierte Mutter regelmäßig zur Betreuung des Kindes, die Justizvollzugsanstalt verlassen. Die Freigänge zur Betreuung sind zeitlich beschränkt, das heißt, die Mutter muss zu einer bestimmten Uhrzeit täglich wieder in die Justizvollzugsanstalt zurückkehren. Daher muss eine weitere Betreuungsperson für das Kind da sein.

 

In der Justizvollzugsanstalt gibt es Regelbesuchszeiten. Das heißt, inhaftierte Personen haben im Monat eine bestimmte Anzahl an Stunden, die sie für Besuche nutzen dürfen. In Sachsen-Anhalt sind das 2 Stunden monatlich. Wenn die inhaftierte Person ein leibliches oder rechtliches Kind hat, das unter 14 Jahre ist, wird die Regelbesuchszeit auf zwei weitere Stunden erhöht, die die inhaftierten Personen dann für ihre Kinder nutzen können.

 

Einige Haftanstalten organisieren auch Eltern-Kinder-Feste oder andere Veranstaltungen oder Gruppentreffen zum Thema an. Informationen erhält man beim AVD oder dem Sozialdienst.

Schwangerschaft und Haft

In der Regel müssen Schwangere und Elternteile mit kleinen Kindern die Haft antreten, genauso wie kinderlose Menschen auch. Es gibt besondere Vorschriften der Frauenvollzüge, die festhalten, dass auch der Zustand der schwangeren Inhaftierten, die vor kurzem entbunden haben, zu berücksichtigen ist. Das Gesetz zum Schutz erwerbstätiger Mütter wird entsprechend im Vollzug angewendet.

Es gibt ärztliche Betreuungen, zu denen einige Untersuchungen gehören, wie zum Beispiel zur Feststellung der Schwangerschaft, Vorsorgeuntersuchungen und laborärztliche Untersuchungen.

 

Eine Entbindung findet in einem Krankenhaus außerhalb des Vollzuges statt. Ist das nicht möglich, kann die Entbindung auch in einer Vollzugsanstalt mit Entbindungsabteilung und Fachpersonal erfolgen.

 

Es ist möglich, ein Strafvollstreckungsaufschub zu erwirken, wenn eine Vollzugsuntauglichkeit besteht. Dies sind allerdings Einzelfallentscheidungen und es gibt keine allgemeingültigen Kriterien.

Menschen mit Behinderung

Ein Mensch mit Behinderung darf laut Grundgesetz nicht wegen seiner Behinderung benachteiligt werden (Art. 3 Abs. 3). Das heißt, auch in einer Justizvollzugsanstalt muss eine inhaftierte Person mit Behinderung am „Anstaltsleben“ teilhaben können.

Barrierefreiheit ist ein wichtiger Aspekt für Menschen mit Behinderung, um an einem „Anstaltsleben“ teilhaben zu können.

Bei baulich älteren Justizvollzugsanstalten gibt es dennoch einige Barrieren für Menschen mit Behinderung. Hier sollten dann alternative Möglichkeiten gefunden werden, um den Menschen mit Behinderung eine Teilhabe zu ermöglichen.

 

So zum Beispiel, wenn ein Mensch in einem Rollstuhl durch Stufen nicht in einem Werkbetrieb arbeiten könnte. In diesem Fall sollten alternative Möglichkeiten gefunden werden, um ihm die Arbeit in einem Werkbetrieb zu ermöglichen. Zum Beispiel könnten andere Personen ihn unterstützen die Treppe mit dem Rollstuhl zu überwinden.

 

Eine Inklusion von Menschen mit Behinderung bedeutet aber viel mehr. Es bedeutet, in allen Bereichen teilhaben zu können. Das heißt, im Wohnen, Arbeiten, sich Versorgen, Erholen, Bilden, in Gemeinschaft leben, an Kommunikation teilnehmen zu können und vieles mehr. Zum Beispiel: Ein Mensch mit Sehbehinderung, der nicht in der Lage ist, die Hausordnung zu lesen und diese nicht in Blindenschrift verfügbar ist, muss die Hausordnung vorgelesen werden.

 

Beim Vorliegen einer Behinderung kann es empfehlenswert sein, einen Antrag auf Haftuntauglichkeit zu stellen. Dies sollte vorab mit einem Anwalt oder Anwältin abgesprochen werden.

Haftuntauglichkeit

Eine Haft kann aufgeschoben werden, wenn die verurteilte Person haftuntauglich ist, zum Beispiel bei einer lebensbedrohlichen Krankheit, bei der eine Inhaftierung eine Lebensgefahr darstellen würde oder sich die Inhaftierte Person in eine Geisteskrankheit verfällt. Eine Haftuntauglichkeit wird zum Beispiel von festgelegten Ärzten oder Ärztinnen überprüft.

Ebenso kann eine Haftstrafe unterbrochen werden, zum Beispiel, wenn durch eine Krankheit der inhaftierten Person Lebensgefahr für sich selbst oder anderen Personen besteht.